Salsamania übers Tanzen
(Text von Samantha Ziegler, Dipl. Tanzlehrerin)
Natürlicher Ursprung
Der Tanz gehört seit den Anfängen der Menschheit, gar seit den Anfängen des Universums zum Dasein. Als rhythmische Bewegung ist der Tanz ein immerwährender Bestandteil der Natur und des Lebens, den wir überall beobachten können: Gräser und Pflanzen wiegen sich harmonisch im Wind, Planeten drehen ihre gleichförmigen Bahnen, die Wellen des Meeres spülen in immer wiederkehrenden und doch stets unterschiedlichen Formen an die Küsten. Junge Tiere springen und hüpfen ebenso ausgelassen wie spielende Kinder und Vögel fliegen kunstvolle Formationen am Himmel, die den Choreografien eines Balletts in nichts nachstehen. Diese Bewegungen sind stets Ausdruck von Lebensenergie und Harmonie.
Unter allen Lebewesen ist der Mensch jedoch das einzige, das die Fertigkeit des Tanzes zu einer bewussten Kunstform entwickelt hat.
Spirituelle Bedeutung
Am Anfang hatte der Tanz – gemeinsam mit der Musik, die untrennbar mit ihm verbunden ist – vor allem spirituelle Bedeutung. Beide wurden als Kommunikationselemente eingesetzt, um mit der Natur und der göttlichen Welt in Verbindung zu treten. Der Körper mit seinen Bewegungen diente dabei als Instrument, um Botschaften und Gefühle auszudrücken und darzustellen. In Zeremonien tanzten und musizierten die Menschen für ihre Gottheiten und entwickelten dafür im Laufe der Zeit verschiedenste Rituale und Formen für unterschiedliche Anliegen wie Bitte und Dank, Beschwörung, Trauer und Freude. Diese Seite lässt sich bis heute an den vielfältigen und reichhaltigen traditionellen Tänzen aller Völker der Welt beobachten.
Neben diesen spirituellen Hintergründen spielte in der Entwicklung des Tanzes aber stets auch der soziale Aspekt eine grosse Rolle.
Vereinender Rhythmus
Tanzen basiert auf Rhythmus. Dieser ist ein Element der Ordnung, das beim Menschen ein Gefühl der Gemeinschaft und der Einheit anspricht. Die regelmässigen Schläge eines Rhythmus dienen als Richtlinien, von denen aus sich Bewegungen in alle Richtungen entwickeln können, an denen sich aber gleichzeitig alle gemeinsam orientieren und wieder finden.
Zudem ist auch der Rhythmus, wie die Bewegung, ein Bestandteil der Natur. Unser Herz schlägt rhythmisch, wir holen in gleichmässigen Abständen Atem und bewegen uns mit zwei gleich langen Armen und Beinen unbewusst stets rhythmisch.
Dieser „natürliche Rhythmus“ wird durch den bewussten Einsatz des Willens geformt und gepflegt. So war und ist er zum Beispiel eine wichtige Unterstützung bei jeder Form von Arbeit. Mit Rhythmus geht die Arbeit leichter und schneller von der Hand und kann längere Zeit durchgeführt werden. Und alle Arbeiten oder Spiele, die von mehreren in Gesellschaft unternommen werden, sind ohne einen gewissen Rhythmus, der die Einzelnen vereint, nicht denkbar.
Durch seinen einenden Charakter hatte das Tanzen daher stets einen wichtigen Stellenwert im gemeinschaftlichen Leben und kein Volk hat sich diese Freude untersagen lassen. An allen wichtigen Festen wurde – und wird auch noch heute – getanzt: an Hochzeiten, Geburtstagen, Feiertagen etc. Im einfachen Volk ebenso wie in den adeligen Kreisen. Wobei aber nicht nur das Vergnügen im Mittelpunkt stand.
Umfassende Bildung
Bereits im Altertum galt der Tanz als das beste Mittel zu einer allseitig harmonischen Ausbildung des Körpers: er reguliert die Körperbewegungen, fördert die Geschicklichkeit und die Kondition. Durch das Tanzen schärft sich das Gehör für die Feinheiten der Musik, man achtet auf geordnete Bewegungen und verbindet somit die Seele und den Körper zu einer Einheit.
In der Renaissance und Barock wurde vor allem an den europäischen Höfen die Tanzkunst verfeinert und gehörte als wichtiger Bestandteil zur Bildung jedes jungen Mannes und jeder jungen Dame. Tanzen galt als wesentlich in einer gut geordneten Gesellschaft, denn man lernte dabei nicht nur die Bewegungen und Schrittfolgen der verschiedenen Tänze, sondern zugleich auch Etikette, ansprechendes Verhalten und Höflichkeit.
Diese Sichtweise des Tanzes hat sich von den adeligen Kreisen auf alle Volksschichten ausgeweitet und war bis in nicht allzu ferne Zeiten überall verbreitet. Ein Tanzkurs gehörte zur allgemeinen Bildung und wurde in der Schule oder von der Familie gefördert.
Entwicklung
Wie alle Elemente des Lebens ist der Tanz einer stetigen Entwicklung unterworfen. Kaum eine Generation tanzt in gleicher Weise wie die vorhergehende. Die Jugend reformiert die früheren Traditionen oder verändert sie durch neue Eigenheiten, so dass die Bewegung zur Musik ein stetig sich ändernder Fluss ist, der sich den jeweiligen Bedürfnissen der Gesellschaft angepasst. Dies ist eine natürliche und notwendige Entwicklung.
Wie wenig sich dennoch die Gründe für die Freude am Tanzen im Laufe der Zeit verändert haben, lässt sich an den Worten von Caroso ablesen, der im Jahr 1600 sein Lehrbuch für Tänze mit folgenden Zeilen eröffnet: „Der Tanz bringt Lebensfreude in die menschliche Unterhaltung und Gesellschaft und wenn wir uns durch unsere Probleme bedrückt fühlen, bringt er uns Erleichterung und erfrischt uns, indem er alle unerfreulichen oder ärgerlichen Gedanken von uns fernhält (…). Durch das Tanzen können viele andere lobenswerte und ehrenhafte Eigenschaften erworben werden, denn durch die körperliche Übung bleibt man fit und wird beweglich und gewandt.“ (Caroso, Nobiltà di Dame, 1600)
Das Tanzen wir den Menschen daher bestimmt auch in Zukunft begleiten.